Demokratie schätzen
Kabarettist Christian Springer beim Kreisverband Traunstein der Grünen
Ist unsere Demokratie in Gefahr? Mit dieser hochaktuellen Frage beschäftigte sich der bekannte Kabarettist und Aktivist Christian Springer als Gast bei einer Kreisversammlung der Grünen. Vor knapp 200 Besuchern im Gasthaus Feldwies in Übersee spannte Springer einen weiten Bogen von den Zeiten von Franz Josef Strauß über Demokratietheorie weltweit bis zur aktuellen Landtagswahl – durchaus analytisch, aber freilich auch mit einem gehörigen Schuss Kabarett.
Der mittelfristige Anlass des Abends lag natürlich an den örtlichen Vorkommnissen neulich, als eine Bierzeltveranstaltung der Grünen in Hart mit Bundesminister Cem Özdemir und den Wahlkämpferinnen Katharina Schulze und Gisela Sengl mit Trillerpfeifen und Gegröhle gestört worden war; für die örtlichen Grünen ein zutiefst anti-demokratischer Vorgang.
Demokratie sei insofern anfällig, weil sie nicht für schnelle Lösungen stehe und fehlerhafte Entscheidungen vorkämen, sagte Springer: „Demokratie is eben koa blankbusige und blitzgescheite Meerjungfrau, die man vor einer Krake retten muss, sie is ned sexy, ned hot, ned cool, sie ist zäh und ziagat.“
Dennoch sei sie „das Beste, was man haben kann“. Dabei erinnerte er, dass es in vielen Regionen der Welt keine Demokratie gebe und dort zumeist Menschen dafür kämpfen. „Uns wurde sie auf dem Silbertablett serviert“, sagte Springer.
Gerade werde alles als sehr kompliziert empfunden, analysierte er, „man kennt sich nicht aus“. Das halte er freilich für übertrieben: „Das war früher auch schon so.“ Gerade die Grünen würden aber unter dem diffusen Gefühl leiden: „De Leut halten sich an die, die sagen: es bleibt alles, wie’s is.“ Die Grünen hingegen würden offensiv Zukunftsfragen thematisieren.
Die örtliche Landtagsabgeordnete Gisela Sengl, die den Abend eröffnet hatte, appellierte diesbezüglich: „Die Angst vor der Zukunft, die wir alle ein bisschen haben, sollte nicht in Aggressivität und Leugnung münden, sondern in Mut und Kraft verwandelt werden.“
Die viel beklagte Spaltung der Gesellschaft sah Springer nicht wirklich als dramatisch: „Wer oimoi bei einem Spiel Bayern gegen 1860 war, woas, wos Spaltung is“. So müsse die Demokratie auch rechtspopulistische Strömungen aushalten, Querdenker oder Klimaleugner, auch wenn das „ned schee“ ist.
Konkrete Gefahren witterte Springer vor allem bei der Attacke auf demokratische Institutionen und Grundrechte. Als Beispiel verwendete er die „Flugblatt-Affäre“ von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW). Dass er Richter über die Beurteilung des Vorgangs sein wolle und sich über die Pressefreiheit stelle, entspreche nicht demokratischer Gepflogenheit und sei auf jeden Fall „nicht demütig“, was Ministerpräsident Söder von Aiwanger gefordert hatte.
Problematisch sei es, in Wahlkämpfen und Auseinandersetzungen nur mehr „Emotionen zu bespielen“. Springers Rat diesbezüglich: „Spinnts eich aus, dann red ma weiter!“ Angesichts der euphorischen Stimmung im Saal bilanzierte Kreissprecherin Hannah Hollinger: „Der Abend mit Christian Springer kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Großer Zuspruch für uns Grüne und ein Booster für die Zielgerade des Wahlkampfes.“