Ein Wochenende voller ökologischer Inspiration und interessanter Projekte moderner Kommunalpolitik verbrachte die Kreistagsfraktion Bündnis90/Die Grünen Traunstein im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm.
Der zweite Bürgermeister der fast 27.000 Einwohner zählenden großen Kreisstadt in der Hallertau Roland Dörfler betreute die Traunstein Kommunalpolitiker zwei ganze Tage und zeigte in einem Feuerwerk an nachhaltigen, zukunftsgerichteten Projekten, was möglich ist, wenn Ökologie und Klimaschutz die oberste Richtschnur in der Kommunalpolitik sind.
Im Bereich Verkehrswende leistet sich die Stadt beispielsweise ein modernes Nahverkehrssystem mit festen Linien und Rufbussen welches den Bürger kostenlos zur Verfügung steht. Diese Bussystem wurde von den Traunsteiner Gästen gleich auf Herz und Nieren getestet und für sehr gut befunden. Bei Neubauten ist es in Pfaffenhofen möglich, statt der vorgeschriebenen Stellplätzen Carsharing Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen und damit die hohe Anzahl an Zweitwagen zu senken.
Die größten Erfolge erreicht die Kommune im Bereich der Energieversorgung. Hier war es das Ziel die
Energieversorgung selbst in die Hand zu nehmen und durch eine Energiegenossenschaft die
Bürgerinnen und Bürger am Gewinn zu beteiligen. Statt teurer Stromtrassen produziere man den Strom lokal und sauber. Die mittlerweile über 1000 Mitglieder umfassende Energiegenossenschaft betreibt mittlerweile Windkraftanlagen, Biogasanlagen und Photovoltaikprojekte. Diese lokalen Projekte erbringen bereits stattliche Renditen von 3-6 %. Die breite Unterstützung der Bürgerschaft, die gerade im Bereich Windkraft nicht selbstverständlich ist, zeigte sich im zuletzt gewonnenen Bürgerentscheid mit 57 % Zustimmung für ein lokales Windrad.
Andreas Hirschmann der Vorstandsvorsitzende der Berufsgenossenschaft führte die Kreistags- fraktion in das ca. 200 m hohe Windrad und beschrieb die 5-jährige Planungsphase und den wirtschaftlichen Erfolg des beindruckenden Kraftwerks. Das Ziel den gesamten Strom zu 100 % Lokal und sauber zu produzieren ist kurz vor der Realisierung. Dabei hilft auch ein großes
Biomassekraftwerk, dessen Wertschöpfung den heimischen Landwirten zu Gute kommt anstatt Autokraten in Saudi-Arabien oder Russland finanziell zu stärken. Möglich waren diese Projekte in Bürgerhand nur durch eine Rekommunalisierung der Strom und Gasnetze.
Weitere Glanzpunkte moderner Energiepolitik ist ein Power to Gas Projekt, in dem Stromüberfluss in Form von Methan gespeichert und in mageren Zeiten (Flaute, Bewölkung) wieder genutzt werden kann und so auch den Industriestandort Pfaffenhofen stärkt.
Für die Zukunft plant die Genossenschaft weitere Photovoltaikflächen in der Größenordnung von 60 Hektar und zahlreiche weitere Windkraftanlagen. Die zuletzt errichtete Windkraftanlage im Lustholz wurde von den Fraktionsmitgliedern unter fachkundiger Führung von Andreas Hirschmann und Roland Dörfler besichtigt. Weitere Vorzeigeprojekte sind Bodenallianz mit über 100 Landwirten, welche die Böden naturnah und pedizidfrei bewirtschaften oder die aufsuchende Beratung der
Stadtwerke, die jeden Bürger oder Hausbesitzer nicht nur kostenlos individuell berät, sondernd die Energieumstellung auf Wunsch gleich organisiert. So können 250 fossile Heizungen pro Jahr ökologisch umgerüstet werden. Des Weiteren müssen alle Neubauten egal ob privat, kommunal oder gewerblich eine Photovoltaikanlage aufweisen. Diese Verordnung wurde mittlerweile auch seitens der Verwaltungsgerichte bestätigt.
Christoph Bauhofer zeigte sich als Fraktionssprecher von den Projekten begeistert und bedauerte den Rückstand, den der Landkreis Traunstein in diesem Bereich aufweist. Ziel müsse es nun sein, diese Erfahrungen umzusetzen und auch hier dezentrale ökologische Energieerzeugung zu realisieren und der heimischen Wirtschaft bezahlbaren grünen Strom zu liefern. Beispielhaft sei, so die Traunsteiner Bürgermeistern Burgi Mörtl-Körner wie gut es in Pfaffenhofen gelungen sei, die große Mehrheit der Bevölkerung mitzunehmen und ein neues Wir-Gefühl bei den Bürgern zu erzeugen. Dies wünsche sie sich auch für die Stadt und den Landkreis Traunstein. Es sei nun aber angesichts der aktuellen energiepolitischen Situation und der dramatischen Klimazahlen nicht mehr die Zeit für lange Konzeptdiskussionen und theoretische Konzepte, sondern für schnelle und effektive praktische Lösungen, so wie es Pfaffenhofen vorgemacht habe.