Grüner Themenabend 7. März 2023: Thema Radentscheid und Besuch des Landesvorsitzenden Thomas von Sarnovski

Anwesend: ca. 30 Personen

Wir radelten zusammen mit unseren Landesvorsitzenden Thomas v. Sarnovski an kritische Stellen im Stadtgebiet. Vom Bahnhof kommend über die  Äußeren Rosenheimer Straße zur Wegscheid, die neu angedachte Fahrradstraße zur Innenstadt über die Wartberghöhe. Da gab schon mal genügend Diskussionsbedarf, was hier fahrradfreundlicher gestaltet werden könnte.

Achim Kraus führte im Sailer Keller die Liste anhand diverser Bilder im Sailer Keller weiter und gab Beispiele, wie Verbesserungen erzielt werden könnten. So könne ein Autoparkplatz für bis zu zwölf Fahrrädern Stellplatz sein. Die einfachste und beste Alternative zu wenig Platz und Fahrradspuren sei immer noch Tempo 30. Positive Beispiele für gelungene Fahrradabstellplätze gibt es in Rosenheim und Trostberg.

Thomas von Sarnovski ging in seinem anschließenden Vortrag auf die wichtigsten Ziele des angestrebten Radentscheides ein. 100 000 Unterschriften wurden gesammelt und der Landesregierung übergeben.

Folgende Ziele (hier in einer guten Zusammenfassung) hat uns Thomas in Auszügen vorgestellt:

RADENTSCHEID BAYERN

Ziel 1: 25 Prozent Radverkehrsanteil bis 2030

Der Radverkehrsanteil am Gesamtverkehrsaufkommen soll bis 2030 bayernweit 25 Prozent betragen.

Die Staatsregierung hat zwar bereits 2017 versprochen, den bayernweiten Radverkehrsanteil bis 2025 von 10 % auf 20 % zu verdoppeln, hat dieses Ziel aber weder mit Maßnahmen noch mir Ressourcen hinterlegt. Der Ausbau der Radinfrastruktur geht nur schleppend voran. Noch immer fehlen an weit über der Hälfte der Staats- und Bundesstraßen Radwege. Folglich ist es kein Wunder, dass der Radverkehrsanteil seither nur um ein Prozentpunkt auf 11 % gestiegen ist: Radwege, Abstellanlagen und Radmitnahmemöglichkeiten fehlen in vielen Städten und Gemeinden oder sind häufig so dürftig und unsicher, dass sie nicht zum Radfahren einladen.

Auch der Ausbau von sicheren Radverbindungen zwischen den Städten, Gemeinden und Orten entlang oder parallel zu Staatsstraßen, der Freistaat zuständig ist, hinkt vielen anderen Bundesländern hinterher.

Damit mehr Menschen öfter vom Auto aufs Fahrrad umsteigen und das Ziel von merklich mehr Fahrrädern auf den Straßen und Radwegen erreicht werden kann, müssen sich Radfahrende sicherer fühlen. Eine entsprechende Infrastruktur schafft mehr Sicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer – subjektiv und objektiv.

Ziel 2: Ein sicheres und komfortables Radwegenetz

Schluss mit den Holperpisten, die jahrelang nicht erneuert werden. Kontinuierlicher Unterhalt und Sanierung der Radwege. Schluss mit der Pseudo-Radinfrastruktur wie schmale Schutzstreifen oder für den Radverkehr freigegebene Gehwege!

Der Radentscheid Bayern fordert, dass der Sanierungsstau beim Bau und Unterhalt des bestehenden Radwegenetzes behoben wird. Bei allen Baumaßnahmen und Sanierungen muss eine bedarfsgerechte, sichere und möglichst kreuzungsfreie Radverkehrsführung geplant werden, die auch die Bedürfnisse jenseits des „normalen“ Zweirads berücksichtigt, wie z. B. von Familien mit Lastenrädern oder Kinderanhängern oder von Menschen mit Spezialrädern für körperliche Einschränkungen.

Bei allen Straßenbaumaßnahmen ist bereits im Rahmen der ersten Planungen zu prüfen, wie eine geeignete, bedarfsgerechte und sichere Radverkehrsführung geschaffen werden oder diese verbessert werden kann.

Ziel 3: Vision Zero im Straßenverkehr

Das Ziel der „Vision Zero“ soll endlich Realität werden.
Der Freistaat soll konsequent das Ziel verfolgen, dass sich in Bayern keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden oder Todesfolgen mehr ereignen (Vision Zero). Hierfür ist eine fehlerverzeihende Infrastruktur sowie mehr geschützter Raum für den Fuß- und Radverkehr unerlässlich.
Der Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmer:innen, insbesondere auch von Kindern und Senior:innen, muss  oberste Priorität haben – z. B. durch Tempobeschränkungen und eine klar vom Kfz-Verkehr getrennte Fuß- und Radwegführung.

§ 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) fordert, dass der Verkehr durch ständige Vorsicht, gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt aller Verkehrsteilnehmenden geprägt sein soll. Wir wollen, dass ein gutes Miteinander im Straßenverkehr in Bayern auch Realität wird.

Hierfür müssen die zuständigen Behörden zum Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer:innen verstärkt kontrollieren und Ordnungswidrigkeiten, wie z. B. gefährdendes Parken auf Geh- und Radwegen oder absichtliche Nötigung auch sanktionieren.

Ziel 4: Förderung des Umweltverbunds

Die Verkehrsmittel des Umweltverbundes (Fuß, Rad, und Öffentlicher Personenverkehr) sollen ausgebaut werden und gut kombinierbar sein (z. B. durch den vermehrten Bau von Fahrradstationen).

Der Radentscheid Bayern hat das Ziel, die intermodale Nutzung von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu erleichtern. Hierfür muss die Fahrradmitnahme in Öffentlichen Verkehrsmitteln künftig günstig und überall möglich sein. Der Ausbau von Fahrradabstellmöglichkeiten muss forciert werden – an Bahnhöfen idealerweise als Fahrradstationen für witterungsgeschütztes, komfortables und sicheres Abstellen. 

Insbesondere in ländlichen Regionen können sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder dazu beitragen, dass mehr Menschen Bus und Bahn nutzen.

Ziel 5: Mehr Radschnellverbindungen

Nach dem Vorbild der Niederlande und von Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen sollen auch in Bayern endlich kreuzungsfreie und direkte Überland-Radwege (sog. Radschnellverbindungen) geschaffen werden.

Während andere Bundesländer – insbesondere in Metropolregionen für Berufspendler längst Radschnellwege gebaut haben –, hinkt Bayern bei der Umsetzung klar hinterher und ist bislang kaum über Machbarkeitsstudien hinaus gekommen. Die Kommunen sind hier oft überfordert. Mit dem Radentscheid Bayern soll sich das ändern. Der Freistaat soll die überregionale Planung von Radschnellverbindungen in die Hand nehmen und diese planen, bauen und unterhalten.

Ziel 6: Flächenversiegelung wird sorgfältig abgewogen

Bei Neubau, Umbau, Ausbau und Sanierung von Straßen und Radwegen ist darauf zu achten, dass möglichst wenig Fläche in Anspruch genommen wird und diese möglichst wenig versiegelt wird.

Zugleich müssen Hauptradrouten allerdings ganzjährig auch bei Nässe und Schnee sicher und komfortabel befahrbar sein. Wegedecken, die bei Nässe eine große Verschmutzung mit sich bringen oder das Radfahren erheblich erschweren (z.B. Aufkiesungen) sollen lediglich der Ausnahmefall auf Nebenrouten sein. Die Asphaltierung von Radwegen kann ggf. durch Entsiegelung von anderen verkehrlichen Flächen kompensiert oder durch Umwandlung von Auto- in Fahrradstraßen vermieden werden.

Am Dienstagabend war noch nicht klar, dass die Bayrische Landesregierung den Radentscheid zur Prüfung an das Bayrische Verfassungsgericht weiterreicht und dieses auf Rechtmäßigkeit binnen drei Monaten dort überprüft werden muss.